Reformbedarf im Verbriefungsmarkt: Finanzindustrie präsentiert Maßnahmen zur Stärkung

September 16, 2024
16.09.2024
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Finanzindustrie fordert Reform des Verbriefungsmarktes

Die Finanzindustrie in Deutschland hat sich in den letzten Monaten verstärkt mit der Notwendigkeit einer Reform des Verbriefungsmarktes auseinandergesetzt. Unter der Leitung von Manfred Knof, dem CEO der Commerzbank, wurde ein umfassender Bericht an das Bundesfinanzministerium übergeben, der konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Verbriefungsmarktes enthält. Der Bundesverband deutscher Banken hat in einer Mitteilung betont, dass die Vorschläge darauf abzielen, den europäischen Verbriefungsmarkt gezielt zu reformieren und dessen Potenzial auszuschöpfen.

In seiner Rede wies Knof darauf hin, dass die Finanzindustrie in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Bedeutung von Verbriefungen hingewiesen habe, jedoch auf politischer und regulatorischer Ebene wenig Resonanz erfahren habe. Verbriefungen seien jedoch ein wichtiges Instrument, um die Brücke zwischen bankbasierter Unternehmensfinanzierung und Kapitalmärkten zu schlagen. Diese Brücke sei besonders wichtig, um Kapital für die großen Herausforderungen der Zeit, wie die grüne und digitale Transformation, zu mobilisieren.

Der Bericht, der in Zusammenarbeit mit True Sale International erstellt wurde, bietet eine tiefgehende Analyse der aktuellen Hemmnisse für den Verbriefungsmarkt und enthält klare Reformvorschläge auf europäischer und nationaler Ebene. Knof betonte, dass zur nachhaltigen Stärkung des Verbriefungsmarktes eine Reihe von Nachbesserungen an verschiedenen Stellen der Regulierung erforderlich sei. Ein zentrales Anliegen des Berichts ist es, bürokratische Hürden abzubauen und die Kapitalanforderungen für risikoarme Verbriefungen zu senken, um den Markt für Investoren attraktiver zu gestalten.

Die hohe Komplexität der europäischen Verbriefungsverordnung wird als ein Hindernis identifiziert, das zu hohen Transaktionskosten führt und viele Investoren in andere Anlageformen treibt. Der Bericht schlägt vor, dass wirkungsvolle Maßnahmen den Markt ankurbeln und langfristig weitere Investoren anziehen könnten. Knof appellierte an die politischen Entscheidungsträger, das derzeitige Momentum zu nutzen, um den Verbriefungsmarkt in Gang zu bringen, da dieser für die Finanzierung der wirtschaftlichen Transformation unverzichtbar sei.

Ein erster Schritt zur Attraktivitätssteigerung des EU-Verbriefungsmarktes könnte darin bestehen, Banken, die als Originatoren von Bilanzverbriefungen und als Investoren in öffentliche ABS-Transaktionen und private Verbriefungen tätig sind, durch eine gezielte Vereinfachung der Regulierung zu stärken. Der Bericht fordert zudem eine Überarbeitung des Ansatzes zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, um die überproportional hohen Kapitalanforderungen zu senken.

Als Übergangslösung werden Anpassungen vorgeschlagen, die die Eigenkapitalunterlegung für risikoarme Tranchen reduzieren. Zudem sollte die Erleichterung für Verbriefungen bei der Berechnung des Output Floors beibehalten werden. Auch die Prozesse zur aufsichtlichen Prüfung sollten verschlankt werden, insbesondere für Verbriefungen, deren Abläufe sich wiederholen. Darüber hinaus wird angeregt, Verbriefungen für Bankinvestoren durch eine bessere Anrechenbarkeit in bankaufsichtlichen Liquiditätsmaßen attraktiver zu gestalten.

Die Forderungen der Finanzindustrie zur Reform des Verbriefungsmarktes stehen im Kontext einer breiteren Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kapitalmärkte. In einem Bericht des Europäischen Bankenverbands, der European Fund and Asset Management Association und der Vereinigung Europäischer Börsen wird darauf hingewiesen, dass die europäischen Kapitalmärkte im Vergleich zu den USA an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Dies könnte Europa in eine nachteilige Position drängen, da Kapitalmärkte entscheidend sind, um Innovationen zu finanzieren und die notwendigen Mittel für die ökologische und digitale Transformation bereitzustellen.

Der Bericht hebt hervor, dass die Größe der europäischen Aktienmärkte im Jahr 2022 lediglich 66 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) betrug, während sie in den USA bei 157 Prozent lag. Auch die Liquidität der Märkte ist gesunken, was die Attraktivität für Investoren weiter verringert. Um das Investitionsniveau der USA zu erreichen, wären in Deutschland, Italien und Spanien zusätzliche 35 Billionen Euro an Kapital erforderlich.

Die Reformvorschläge der Finanzindustrie zielen darauf ab, die Nachfrageseite der Kapitalmärkte zu stärken, indem der Zugang von Kleinanlegern verbessert und Investitionshemmnisse beseitigt werden. Auf der Angebotsseite wird gefordert, die Anforderungen an den Verbriefungsmarkt zu senken und die Harmonisierung der Insolvenzgesetze in den Mitgliedstaaten voranzutreiben. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, private Investitionen zu mobilisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu fördern.

Die Diskussion um die Reform des Verbriefungsmarktes ist nicht nur für die Finanzindustrie von Bedeutung, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die gesamte europäische Wirtschaft. Die Mobilisierung von Kapital ist entscheidend, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen und die wirtschaftliche Transformation voranzutreiben. Die Finanzindustrie hat daher ein starkes Interesse daran, die regulatorischen Rahmenbedingungen zu verbessern und den Verbriefungsmarkt zu revitalisieren.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob und in welchem Umfang die politischen Entscheidungsträger auf die Forderungen der Finanzindustrie eingehen werden. Die Reform des Verbriefungsmarktes könnte ein wichtiger Schritt zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte und zur Förderung von Investitionen in die grüne und digitale Transformation sein.

Quellen: Finanzen.net, Bundesverband deutscher Banken, Euractiv, F.A.Z.

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