Einfluss des Inflation Reduction Act auf die Pharmaforschung

September 20, 2024
20.09.2024
4 Minuten
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Wie der „Inflation Reduction Act“ die Pharma-Forschung beeinflusst

Wie der „Inflation Reduction Act“ die Pharma-Forschung beeinflusst

Die Einführung des Inflation Reduction Acts (IRA) hat weitreichende Auswirkungen auf das staatliche US-Krankenversicherungssystem. Ein zentrales Ziel des IRAs ist es, die Kosten für das US-Krankenversicherungssystem zu senken, insbesondere durch die Regulierung der hohen Medikamentenpreise, die in den USA im Vergleich zu anderen OECD-Ländern signifikant höher sind. Laut einer Studie der RAND Corporation aus dem Jahr 2021 lagen die Preise für Markenarzneimittel in den USA im Durchschnitt um 344 % über den Preisen in anderen OECD-Staaten.

Preisverhandlungen und deren Auswirkungen

Um die Kosten zu senken, sieht der IRA die Einführung von Preisverhandlungen zwischen dem Center for Medicare & Medicaid Services (CMS) und den Pharmaunternehmen vor. Der Begriff „Verhandlung“ kann jedoch irreführend sein, da das CMS die Preise für Medikamente de facto festlegen kann, was bedeutet, dass die Pharmaunternehmen zustimmen müssen, um Strafen zu vermeiden.

Der IRA regelt, dass die Preise für die am häufigsten verkauften Arzneimittel im staatlichen Krankenversicherungssystem festgelegt werden. Die ausgewählten Medikamente müssen zum Zeitpunkt der Preisreduktion mindestens neun Jahre alt für „Small-Molecule Drugs“ oder 13 Jahre alt für „Biologics“ sein und dürfen keine zugelassenen Generika oder Biosimilars haben. Arzneimittel für seltene Krankheiten sind von diesen Regelungen ausgenommen.

Erste Ergebnisse der Preisverhandlungen

Im August 2024 wurden die Ergebnisse der ersten Preisverhandlungen für zehn ausgewählte Medikamente veröffentlicht. Die festgelegten Preise lagen im Rahmen der Erwartungen und deutlich unter den Befürchtungen aus dem Vorjahr. Ab 2026 müssen die Pharmaunternehmen Rabatte zwischen 38 % und 79 % vom Listenpreis für das staatliche Krankenversicherungssystem gewähren, was zu Einsparungen von etwa 22 % oder rund sechs Milliarden US-Dollar im Vergleich zu 2023 führen soll. Diese Einsparungen erscheinen zwar beträchtlich, sind jedoch für die Pharmaunternehmen in der Regel handhabbar.

Auswirkungen auf die Forschungsschwerpunkte

Die Auswirkungen des IRA auf die Forschungsaktivitäten der Pharmaunternehmen sind bereits spürbar. Viele Unternehmen verlagern ihren Fokus zunehmend auf Biologics, da diese im Vergleich zu Small-Molecule-Medikamenten länger vor Preisregulierungen geschützt sind. Zudem wird die Forschung in Bereichen seltener Krankheiten intensiviert, da diese Medikamente von den Preisverhandlungen ausgenommen sind. Die Pharmaunternehmen versuchen auch, die Entwicklung zu beschleunigen, da die Preisverhandlungen auf Molekülbasis und nicht auf Indikationsbasis stattfinden.

Diese Veränderungen in der Forschungspipeline werden zusätzlich durch das bevorstehende „Patentkliff“ verstärkt, da bis Ende 2030 fast 50 % aller weltweit zugelassenen Medikamente ihren Patentschutz verlieren werden.

Der Prozess der Medikamentenentwicklung

Die Entwicklung neuer Medikamente ist ein komplexer und langwieriger Prozess, der in zwei Hauptphasen unterteilt werden kann: die präklinische und die klinische Entwicklung. In der präklinischen Phase liegt der Schwerpunkt auf der Identifizierung vielversprechender Wirkstoffe, die potenziell Krankheiten behandeln können. Diese Phase dauert in der Regel zwischen drei und sechs Jahren.

Die klinische Entwicklung gliedert sich in vier Phasen. Die ersten drei Phasen konzentrieren sich auf die tatsächliche Medikamentenentwicklung, während die vierte Phase Post-Zulassungsstudien umfasst, in denen langfristige Risiken untersucht werden. Die Dauer des gesamten Entwicklungsprozesses beträgt im Durchschnitt etwa zehn bis 15 Jahre und die Kosten belaufen sich auf über zwei Milliarden US-Dollar.

Contract Research Organizations (CROs)

Die Verschiebung des Forschungsschwerpunkts hin zu komplexeren Medikamenten führt zu aufwendigeren Studien, die zunehmend an Contract Research Organizations (CROs) ausgelagert werden. CROs übernehmen Teile der präklinischen oder klinischen Forschung oder den gesamten Entwicklungsprozess sowie Zusatzdienstleistungen wie Datenanalyse und Consulting. Durch die Fokussierung auf Forschung können CROs effizientere Studien durchführen und Kosteneinsparungen realisieren.

Fortschritte in der Krebsforschung

Ein besonders komplexer Bereich, in dem CROs eine wichtige Rolle spielen, ist die Krebsforschung. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden im Jahr 2022 weltweit etwa 20 Millionen Menschen mit Krebs diagnostiziert, und etwa 9,7 Millionen Menschen starben daran. Bis 2050 wird ein Anstieg auf etwa 35 Millionen neue Krebsdiagnosen pro Jahr prognostiziert. Die häufigsten Krebsarten sind Lungen-, Brust- und Dickdarmkrebs.

Traditionell wurden Tumorzellen lokal behandelt, jedoch gibt es mittlerweile eine Vielzahl neuer Therapieansätze, darunter zielgerichtete Therapien, die spezifisch auf Krebszellen mit besonderen Merkmalen abzielen. Diese Therapien nutzen monoklonale Antikörper oder kleine Moleküle, um zentrale molekulare Signalwege zu blockieren, was eine präzisere Behandlung ermöglicht.

Innovationen in der Adipositas- und Diabetesforschung

Ein weiterer Bereich, der derzeit von Pharmaunternehmen priorisiert wird, ist die Forschung zu Diabetes und Adipositas. Der Fokus hat sich von reinem Gewichtsverlust hin zu einem Zusatznutzen verschoben, wie zum Beispiel der Reduzierung von Herzinsuffizienz-Risiken. Unternehmen wie Eli Lilly haben gezeigt, dass ihre Medikamente signifikante Vorteile in Bezug auf die Prävention von Komplikationen bieten können.

Fazit

Der Inflation Reduction Act hat das Potenzial, die Pharmaforschung grundlegend zu verändern. Während die Preisregulierungen zunächst als Bedrohung wahrgenommen wurden, könnten sie langfristig auch positive Impulse für die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente setzen. Die Verschiebung hin zu komplexeren Produkten und die Auslagerung an CROs könnten die Effizienz und Innovationskraft der Branche steigern.

Quellen: Finanzen.net, Börse Express, DJE Kapital AG

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