Herausforderungen bei Volkswagen: Ein Unternehmen im Umbruch

September 4, 2024
04.09.2024
4 Minuten
Aktienblog main image

Pressestimme: 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' zu VW

Der Volkswagen-Konzern sieht sich gegenwärtig mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, die durch einen internen Konflikt über das Sparprogramm und die damit verbundenen Werksschließungen in Deutschland verstärkt werden. In den letzten Monaten haben Betriebsrat und Management versucht, eine Einigung über notwendige Kostensenkungen zu erzielen. Doch nun hat sich die Situation zugespitzt, was zu einem offenen Streit über Stellenabbau und Überkapazitäten geführt hat.

Daniela Cavallo, die Betriebsratschefin, äußerte in einer internen Mitteilung, dass der Vorstand versagt habe und dies einen direkten Angriff auf die Beschäftigung, die Standorte und die Tarifverträge darstelle. Sie warnte, dass das Management die gesamte Wolfsburger Stammmarke in Frage stelle, die für mehr als die Hälfte des Absatzes im Konzern verantwortlich ist. Cavallo betonte, dass die Belegschaft nicht zulassen werde, dass der Standort Deutschland abgebaut werde.

In einer internen Informationsrunde sprach Oliver Blume, der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, von einer „ernsten Lage“ für die europäische Autoindustrie. Er wies darauf hin, dass die bisherigen Sparprogramme nicht ausreichen, um die Wettbewerbsfähigkeit von VW zu sichern. Ohne schnelles Handeln könnten auch in Deutschland Werksschließungen nicht ausgeschlossen werden. Diese Ankündigung stellt einen Tabubruch dar, da solche Einschnitte in Deutschland aufgrund des VW-Gesetzes, das den Arbeitnehmervertretern ein Vetorecht bei Produktionskürzungen einräumt, bisher nicht vorgekommen sind.

Die schwache Nachfrage nach Neuwagen in Europa, insbesondere nach Elektroautos, hat die Situation weiter verschärft. Vor der Corona-Pandemie war eine Produktion von 12 bis 14 Millionen Fahrzeugen pro Jahr angestrebt worden, tatsächlich lieferte VW im vergangenen Jahr jedoch nur etwas mehr als 9 Millionen Autos aus. Dies bedeutet, dass etwa ein Drittel der geplanten Produktion nicht erreicht wurde. Standorte wie Zwickau und Emden sind nur schwach ausgelastet, was sich negativ auf die Gesamtwirtschaftlichkeit des Unternehmens auswirkt.

Volkswagen ist der größte Automobilhersteller Europas und beschäftigt allein in der Wolfsburger Stammmarke etwa 120.000 Mitarbeiter. Insgesamt sind im Konzern rund 663.000 Beschäftigte tätig. Die Unternehmensführung hat bereits zu Beginn des Monats gewarnt, dass harte Einschnitte notwendig seien, um die Effizienz zu steigern. Ein Effizienzprogramm in Höhe von 10 Milliarden Euro wurde bereits in Gang gesetzt, doch informierte Quellen berichten, dass nun zusätzlich 4 Milliarden Euro eingespart werden müssen, um die Marke vor dem finanziellen Ruin zu bewahren.

Cavallo bezeichnete die Marke VW als „Restrukturierungsfall“ und sieht die Schuld nicht bei den Beschäftigten, sondern beim Management. Ihrer Meinung nach fehlen dem Unternehmen attraktive Hybridmodelle und günstige Elektroautos, während die Nachfrage nach robusten Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor die Probleme quersubventionieren müsse. Derzeit verhandelt VW mit dem Betriebsrat über eine Verschärfung des Sparprogramms und die zukünftige Auslastung der Werke.

Die Arbeitnehmervertreter befürchten, dass das Management plant, mindestens ein größeres Werk in Deutschland als überflüssig zu betrachten, was alle Standorte in den Fokus rückt. Auch die Produkt- und Investitionszusagen, insbesondere für neue Elektrofahrzeuge, stehen auf der Kippe. Das geplante Modell „Trinity“, ein teilautonomes Elektroauto, könnte sich aufgrund der aktuellen Situation um Jahre verzögern.

Ein weiterer Punkt, der die Arbeitnehmervertreter alarmiert, ist die mögliche Kündigung einer bereits bestehenden Beschäftigungsgarantie. Bisher hatte das Management versucht, Personalabbau über sozialverträgliche Modelle wie Altersteilzeit und Abfindungen zu regeln. Nun wird jedoch angedeutet, dass auch betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen sind. Cavallo hat betont, dass sie kein Einverständnis zu Standortschließungen geben werde und stattdessen einen umfassenden „Masterplan“ für die Jahre 2025 bis 2035 fordert.

Die aktuelle Situation erinnert an die Krise in den frühen 90er Jahren, als der Volkswagen-Konzern vor ähnlichen Herausforderungen stand. Die Zusammenarbeit zwischen dem Vorstand und dem Betriebsrat war in der Vergangenheit von einem gewissen Vertrauen geprägt, doch die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass die Sparmaßnahmen nicht schnell genug vorankommen. Die Nachfrage in Europa sinkt, während VW in China zunehmend unter Druck gerät, wo die Konkurrenz im Bereich Elektromobilität stark zugenommen hat.

Die Unsicherheit über die Zukunft des Unternehmens und die drohenden Werksschließungen haben in der Belegschaft Besorgnis ausgelöst. Gewerkschaftskreise warnen vor einem möglichen Dammbruch, wenn bei VW, dem größten Arbeitgeber in der Region, Einschnitte vorgenommen werden. Die kommenden Monate könnten von Protestaktionen und einem harten Arbeitskampf geprägt sein, während die Arbeitnehmervertreter sich darauf vorbereiten, gegen das „Spardiktat“ des Managements zu kämpfen.

Insgesamt zeigt sich, dass der Volkswagen-Konzern vor einer entscheidenden Phase steht, in der die Weichen für die Zukunft gestellt werden müssen. Die Herausforderungen sind vielfältig, und die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, könnten weitreichende Folgen für die Belegschaft, die Standorte und die gesamte Branche haben.

Quellen: finanzen.net, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung

author image

Willkommen bei KapitalKompakt! Auf unserem Finanzblog finden Sie die neuesten Nachrichten aus der Finanzwelt, praktische Tipps für Ihre Geldanlage und wertvolle Informationen zu Aktien, Kryptowährungen, DAX und Steuern. Bleiben Sie auf dem Laufenden und verbessern Sie Ihre finanzielle Zukunft mit unseren fundierten Ratschlägen und Analysen.