Scholz: Habe mich noch nicht ganz an die Ampel gewöhnt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in einem Interview mit dem "Spiegel" offen über die Herausforderungen gesprochen, die mit der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP verbunden sind. Er äußerte, dass er sich noch nicht vollständig an die komplexen Koalitionsdynamiken gewöhnt habe. "SPD, Grüne und FDP haben diese Koalition zustande gebracht. Das war mühselig und ist mühselig geblieben", sagte Scholz.
Diese Äußerungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Ampelkoalition in der öffentlichen Wahrnehmung unter Druck steht. In Umfragen schneiden die drei Parteien zusammen schlechter ab als die Union, was zu Spekulationen über ein mögliches vorzeitiges Ende des Bündnisses führt. Die Opposition, angeführt von CDU-Chef Friedrich Merz, fordert immer wieder vorgezogene Neuwahlen.
Scholz räumte ein, dass die Schwierigkeiten der Ampelkoalition nicht zu beschönigen seien. "Ich will hier gar nichts schönreden – da war nicht alles ein Ruhmesblatt", erklärte der Kanzler. Er verwies darauf, dass die Union, Grünen und FDP bereits 2017 beim Versuch, eine Jamaikakoalition zu bilden, gescheitert waren. Dies zeigt, dass die Bildung stabiler Koalitionen in der aktuellen politischen Landschaft eine Herausforderung darstellt.
In Bezug auf die Zukunft der Koalitionen in Deutschland betonte Scholz, dass die politischen Veränderungen in der Gesellschaft dazu führen werden, dass Parteien in Zukunft Koalitionen bilden, die nicht immer davon geträumt haben, miteinander zu regieren. "Die Zeiten, in der eine große mit einer kleinen Partei regiert, scheinen erst mal vorbei", sagte er.
Ein weiteres Thema, das Scholz ansprach, war die Innenpolitik, insbesondere im Zusammenhang mit dem tödlichen Messerangriff in Solingen. Der Kanzler äußerte Vorwürfe gegen die Behörden in Nordrhein-Westfalen und forderte eine Aufklärung darüber, warum der mutmaßliche Täter, der nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen, noch in Deutschland war. "Es muss jetzt ermittelt werden, warum jemand, der nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen, von den Behörden vor Ort nicht abgeschoben wurde", sagte Scholz.
Auf die Frage, warum der mutmaßliche Täter noch in Deutschland gewesen sei, antwortete er: "Das wüsste ich auch gern." Der mutmaßliche Täter, ein Syrer, hätte bereits im Juni 2023 nach Bulgarien gebracht werden sollen. Scholz betonte, dass es nicht um Schuldzuweisungen gehe, sondern darum, aufzuklären, was schiefgelaufen ist, um die notwendigen Lehren zu ziehen, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen.
Scholz äußerte Verständnis dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger die Situation nicht mehr verstehen könnten. "Ich verstehe es ja auch nicht. Wir haben Regeln geschaffen, die seine Abschiebung erleichtert hätten", sagte er. Er wies darauf hin, dass es möglich sei, Personen, von denen man glaube, dass sie sich der Abschiebung entziehen könnten, in Abschiebegewahrsam zu nehmen.
Die Ampelkoalition hat als Reaktion auf den Messerangriff von Solingen neue Maßnahmen zum Schutz vor islamistischem Terror, gegen irreguläre Migration und zur Verschärfung des Waffenrechts beschlossen. Scholz äußerte sich positiv über die Geschwindigkeit und Präzision, mit der diese Maßnahmen entwickelt wurden.
Insgesamt zeigt Scholz' Interview, dass die Ampelkoalition vor erheblichen Herausforderungen steht und dass die Anpassung an die neue politische Realität für alle Beteiligten eine schwierige Aufgabe darstellt. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, wie die Koalition auf die aktuellen Herausforderungen reagiert und ob sie in der Lage ist, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.
Quellen: dpa, Der Spiegel, Tagesspiegel