Lohnfortzahlung kostet Arbeitgeber 77 Milliarden Euro
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat sich zu einem erheblichen Kostenfaktor für Arbeitgeber in Deutschland entwickelt. Laut einer aktuellen Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) belaufen sich die Ausgaben für die Lohnfortzahlung im Jahr 2023 auf fast 77 Milliarden Euro. Dies stellt einen Anstieg von mehr als 100 Prozent im Vergleich zu den Ausgaben im Jahr 2010 dar, als die Kosten bei etwa 36,9 Milliarden Euro lagen.
Ursachen für den Anstieg der Kosten
Die Hauptursachen für den Anstieg der Lohnfortzahlungskosten sind vielfältig. Zum einen sind die durchschnittlichen Bruttolöhne in den letzten Jahren gestiegen, was die Gesamtausgaben der Arbeitgeber erhöht. Zum anderen hat sich die Anzahl der Beschäftigten, die Anspruch auf Lohnfortzahlung haben, ebenfalls erhöht. Diese Faktoren führen zusammen zu einem signifikanten Anstieg der Kosten, selbst wenn die Krankenstandsquote konstant bleibt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gestiegene Krankenstandsquote. Im Jahr 2010 legten Beschäftigte im Durchschnitt an 13,2 Kalendertagen ein ärztliches Attest vor, während es im Jahr 2022 bereits 22,6 Tage waren. Diese Entwicklung wird unter anderem auf die Einführung der telefonischen Krankschreibung zurückgeführt, die es Arbeitnehmern ermöglicht, sich ohne persönlichen Arztbesuch krank zu melden.
Demografische Veränderungen
Das IW hebt hervor, dass auch die demografische Entwicklung einen Einfluss auf die steigenden Kosten hat. In alternden Belegschaften treten häufig Krankheitsbilder auf, die mit zunehmendem Alter verbunden sind und längere Abwesenheiten nach sich ziehen. Zudem hat der Anteil der psychischen Erkrankungen an den Arbeitsunfähigkeitstagen kontinuierlich zugenommen, was ebenfalls zu längeren Ausfallzeiten führt.
Reaktionen auf die steigenden Kosten
Die steigenden Kosten für die Lohnfortzahlung haben in der politischen Landschaft zu Diskussionen geführt. Wirtschaftsnahe Kreise, insbesondere innerhalb der CDU/CSU, haben gefordert, die Regelungen zur telefonischen Krankschreibung zu überdenken. Sie argumentieren, dass die Möglichkeit, sich telefonisch krank zu melden, zu einem Anstieg der Krankmeldungen beiträgt und somit die Kosten für Arbeitgeber in die Höhe treibt.
Der Hausärzteverband hat diese Forderungen jedoch zurückgewiesen und betont, dass die telefonische Krankschreibung eine sinnvolle Maßnahme ist, die sowohl medizinisch als auch versorgungspolitisch notwendig sei. Sie argumentieren, dass die Regelung die Praxen entlaste und eine der wenigen Maßnahmen sei, die Bürokratie reduziere.
Fazit
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bleibt ein bedeutendes Thema für Arbeitgeber in Deutschland. Mit Kosten von fast 77 Milliarden Euro im Jahr 2023 ist es offensichtlich, dass die finanziellen Belastungen durch Krankheitsfälle erheblich sind. Die Diskussion über mögliche Reformen und Anpassungen der bestehenden Regelungen wird voraussichtlich weitergehen, da sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer von den Auswirkungen betroffen sind.
Die Entwicklung der Lohnfortzahlungskosten wird weiterhin genau beobachtet, da sie nicht nur die finanzielle Situation der Unternehmen beeinflusst, sondern auch Auswirkungen auf die Gesundheitspolitik und die Arbeitsbedingungen in Deutschland haben könnte.
Quellen: Institut der deutschen Wirtschaft, Rheinische Post, dpa-AFX, Ärzte Zeitung, Stuttgarter Zeitung.