Strompreisbremse vor dem Verfassungsgericht: Rechtliche Fragen und Auswirkungen

September 24, 2024
24.09.2024
3 Minuten
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War die Strompreisbremse teils verfassungswidrig?

KARLSRUHE. Im Kontext der steigenden Strompreise in Deutschland, die durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verstärkt wurden, führte die Bundesregierung Ende 2022 ein Gesetz zur Strompreisbremse ein. Dieses Gesetz sollte sowohl Haushalte als auch Unternehmen vor den drastisch ansteigenden Preisen schützen. Allerdings stellte sich heraus, dass nicht alle von dieser Maßnahme profitieren konnten.

Insgesamt 22 Betreiber von Ökostromanlagen haben am Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie wehren sich gegen die Regelung, die es der Bundesregierung erlaubte, einen Teil ihrer Gewinne abzuschöpfen, um die Preisbremse zu finanzieren. Am Dienstag fand die Verhandlung in Karlsruhe statt, und ein Urteil wird in den kommenden Monaten erwartet.

Was war die Strompreisbremse?

Die Strompreisbremse wurde eingeführt, um Haushalte und Unternehmen in Zeiten steigender Strompreise zu entlasten. Ein Teil des Stromverbrauchs wurde zu einem festgelegten, günstigeren Preis angeboten. Haushalte und kleinere Unternehmen konnten 80 Prozent ihres bisherigen Stromverbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde beziehen. Für Industriekunden lag die Grenze bei 13 Cent für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs. Die Finanzierung dieser Maßnahmen erfolgte durch sogenannte Überschusserlöse, die von Ökostrom-Produzenten stammten, die von den hohen Preisen profitiert hatten.

Was sind Überschusserlöse?

Überschusserlöse beziehen sich auf Gewinne, die erheblich über den erwartbaren Gewinnen der Unternehmen lagen. Diese Situation entstand durch die extrem hohen Gaspreise, die infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine anstiegen. Nach dem sogenannten Merit-Order-Mechanismus richten sich die Preise aller Stromerzeugungsarten nach den Kraftwerken mit den höchsten Kosten. Gaskraftwerke sind oft die teuersten, was dazu führte, dass auch andere Erzeugungsarten von den hohen Preisen profitierten, obwohl ihre Produktionskosten unverändert blieben. Die Abschöpfung dieser Überschusserlöse erfolgte zwischen dem 1. Dezember 2022 und dem 30. Juni 2023.

Kritik der Unternehmen

Die klagenden Betreiber von Windkraft-, Photovoltaik- und Biomasseanlagen argumentieren, dass die im Gesetz zur Strompreisbremse festgelegte Abschöpfung ihrer Überschusserlöse verfassungswidrig sei. Ihrer Ansicht nach liegt die Verantwortung für die Bewältigung der Energiekrise beim Staat, weshalb diese aus Steuermitteln finanziert werden sollte. Sie betonen, dass die hohen Strompreise nicht durch erneuerbare Energien verursacht wurden, sondern durch die kriegsbedingt gestiegenen Gaspreise, die vor allem von Gaskraftwerken beeinflusst wurden. Diese Gaskraftwerke waren jedoch von der Abschöpfung ausgenommen.

Position der Bundesregierung

Die Bundesregierung verteidigte die Maßnahme vor Gericht und betonte, dass die Strompreisbremse als Reaktion auf eine außergewöhnliche Situation eingeführt wurde. Durch die Abschöpfung sollten die Betreiber einen Beitrag zur Stabilisierung des Strommarktes leisten. Philipp Steinberg, Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium, erklärte, dass die Bundesregierung darauf geachtet habe, den Eingriff so gering wie möglich zu halten, indem die Maßnahme zeitlich begrenzt wurde. Nach der Verhandlung äußerte Steinberg, dass die ökonomischen Sachverständigen klar signalisiert hätten, dass die Bundesregierung nicht in den Preissetzungsmechanismus eingegriffen habe, sondern eine zulässige Umverteilung aufgrund von Marktversagen vornahm, um die Verbraucher zu schützen.

Mögliche Folgen des Urteils

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte weitreichende Konsequenzen haben. Sollte der Senat die Abschöpfung der Gewinne als verfassungswidrig einstufen, könnte dies sowohl zukünftige als auch rückwirkende Auswirkungen haben. Im schlimmsten Fall müsste das Gesetz rückabgewickelt werden, was bedeuten würde, dass die 750 bis 800 Millionen Euro an abgeschöpften Überschusserlösen zurückgezahlt werden müssten. Die Bundesregierung rechnet jedoch nicht mit einem solchen Ausgang.

Was ist eine Verfassungsbeschwerde?

Eine Verfassungsbeschwerde ist ein rechtliches Mittel, das es Bürgerinnen und Bürgern, sowie Vereinen, Stiftungen oder Unternehmen ermöglicht, sich an das Bundesverfassungsgericht zu wenden, wenn sie der Meinung sind, dass ihre Grundrechte verletzt wurden. Jährlich gehen rund 5000 solcher Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht ein, was diese Form des Verfahrens zur häufigsten macht. Die Erfolgsquote von Verfassungsbeschwerden liegt jedoch nur bei etwa 1,66 Prozent.

Die Verhandlung und das bevorstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts werden mit Spannung erwartet, da sie nicht nur die rechtlichen Grundlagen der Strompreisbremse betreffen, sondern auch die zukünftige Energiepolitik in Deutschland beeinflussen könnten.

Quellen: dpa, Handelsblatt, Börsennews

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