ROUNDUP: Abschied von getöteten Geiseln - Netanjahu schwört Rache
In Israel wird der Verlust von sechs Geiseln, die im Gazastreifen getötet wurden, mit großer Trauer und Wut aufgenommen. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat angekündigt, dass die Hamas einen „sehr hohen Preis“ für die Ermordung der Geiseln zahlen wird. Die Leichen der Geiseln wurden in einem unterirdischen Tunnel im Süden des Gazastreifens gefunden, und Berichten zufolge wurden sie aus nächster Nähe erschossen, etwa 48 bis 72 Stunden vor der Autopsie.
Netanjahu äußerte sich in einer Pressekonferenz und erklärte, dass Israel dieses „Massaker“ nicht unbeantwortet lassen werde. Er entschuldigte sich bei den Familien der Opfer dafür, dass es nicht gelungen sei, ihre Angehörigen lebend zurückzubringen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass er von den Angehörigen der Geiseln stark kritisiert wird. Diese werfen ihm vor, durch seine harte Haltung in den Verhandlungen mit der Hamas den Tod der Geiseln billigend in Kauf genommen zu haben.
Ein zentrales Thema in Netanjahus Rede war die Kontrolle über den sogenannten Philadelphi-Korridor, einen strategisch wichtigen Streifen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten. Netanjahu betonte, dass Israel diese Kontrolle nicht aufgeben werde, was die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der verbleibenden Geiseln erheblich erschwert.
Die Hamas und Ägypten fordern den Rückzug israelischer Truppen aus dem Gebiet, während die USA und Katar als Vermittler zwischen den Konfliktparteien fungieren. Trotz des Fundes der Leichen wurden die Vermittlungsgespräche fortgesetzt, jedoch mit dem Hinweis, dass Netanjahus Aussagen die Bemühungen gefährdeten.
US-Präsident Joe Biden äußerte ebenfalls Kritik an Netanjahu und stellte fest, dass dieser nicht genug tue, um ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln zu erreichen. Biden bleibt jedoch optimistisch, dass man einer endgültigen Vereinbarung zur Freilassung der verbleibenden Geiseln nahe sei.
Bei der Beisetzung der getöteten Geisel Hersh Goldberg-Polin, der am 7. Oktober 2023 vom Nova-Musikfestival entführt worden war, bat Israels Präsident Izchak Herzog um Vergebung für das Versagen, die Geiseln lebend zurückzubringen. Er betonte die dringende Notwendigkeit, die noch lebenden Geiseln zu retten.
Die Al-Kassam-Brigaden der Hamas haben unterdessen neue Anordnungen für die Bewacher der israelischen Geiseln erlassen, um auf mögliche militärische Aktionen Israels zu reagieren. Ein Sprecher der Hamas warnte, dass militärischer Druck dazu führen könnte, dass die Geiseln in Särgen zu ihren Familien zurückkehren.
Die Hamas veröffentlichte ein Video, das die entführte Eden Jeruschalmi zeigt, die vor ihrem Tod noch lebte. In dem Video richtet sie eine Botschaft an ihre Familie, in der sie ihre Liebe und ihr Vermissen ausdrückt. Die Veröffentlichung des Videos hat in Israel Besorgnis ausgelöst, da es als Teil der psychologischen Kriegsführung der Hamas angesehen wird.
In Israel kam es zu massiven Protesten, bei denen Tausende ein Abkommen zur Freilassung der noch in Gefangenschaft befindlichen Geiseln forderten. Demonstrationen fanden in mehreren Städten statt, und viele Menschen kritisierten die Entscheidungen der Regierung, die ihrer Meinung nach zum Tod der Geiseln führten. In Tel Aviv kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, und die Teilnehmer forderten, dass die Regierung endlich einen Deal mit der Hamas eingeht.
Der Druck auf die Regierung von Netanjahu wächst, insbesondere nach dem Fund der Leichen. Der Gewerkschafts-Dachverband in Israel hat einen Generalstreik ausgerufen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen, einen Deal zur Freilassung der verbleibenden Geiseln zu erreichen. Der Streik soll auch den internationalen Flughafen Ben Gurion betreffen, was zu erheblichen Störungen im Flugverkehr führen könnte.
Die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas sind seit Monaten ins Stocken geraten, und die Vermittler planen, in den kommenden Wochen einen letzten Vorschlag für ein Abkommen vorzulegen. Sollte dieser Vorschlag abgelehnt werden, könnte dies das Ende der Verhandlungen bedeuten.
Inmitten dieser politischen und sozialen Spannungen hat die israelische Armee eine Impfkampagne gegen das Poliovirus im Gazastreifen gestartet, nachdem dort der erste Fall von Kinderlähmung seit 25 Jahren aufgetreten ist. Diese Kampagne soll dazu beitragen, die Gesundheit der Kinder in der Region zu sichern, während der Konflikt weiter anhält.
Die Situation bleibt angespannt, und die kommenden Tage werden entscheidend sein, um zu sehen, ob es Fortschritte in den Verhandlungen gibt oder ob die Proteste und der Druck auf die Regierung weiter zunehmen.
Quellen: dpa-AFX, Finanztreff, Wall Street Journal