Scholz in Zentralasien: Migrationsabkommen mit Usbekistan
Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Sonntag seine erste Reise in die ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens angetreten, wobei Usbekistan der erste Halt war. Die Reise ist von großer geopolitischer Bedeutung und umfasst mehrere zentrale Themen, darunter die Steuerung der Migration, die Sicherung von Öl- und Gaslieferungen sowie die Diskussion über Sanktionen gegen Russland. Scholz landete in Samarkand, einer historischen Stadt an der Seidenstraße, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Ein zentrales Element seiner Reise ist ein Migrationsabkommen, das am Abend seiner Ankunft unterzeichnet werden sollte. Dieses Abkommen zielt darauf ab, den Zuzug von Fachkräften, insbesondere im Pflege- und Gesundheitsbereich, zu erleichtern und die Rückführung von Usbeken ohne Bleiberecht in Deutschland zu regeln. Aktuell betrifft dies lediglich 203 Personen, was weniger als 0,1 Prozent der insgesamt 225.000 ausreisepflichtigen Migranten in Deutschland ausmacht.
Sechstes Migrationsabkommen der Ampel-Regierung
Das Migrationsabkommen mit Usbekistan stellt das sechste seiner Art dar, das von der Ampel-Regierung ausgehandelt wurde. Um diese Abkommen zu koordinieren, wurde Joachim Stamp als Sonderbeauftragter eingesetzt, der Scholz auf dieser Reise begleitet. Erst kürzlich wurde ein ähnliches Abkommen mit Kenia unterzeichnet, während bereits bestehende Vereinbarungen mit Ländern wie Indien, Georgien, Marokko und Kolumbien bestehen. Die Verhandlungen mit Moldau und Kirgistan sind ebenfalls weit fortgeschritten, und Gespräche mit den Philippinen und Ghana sind im Gange.
Usbekistan spielt zudem eine strategische Rolle in der Rückführung von Straftätern nach Afghanistan, was jedoch noch in den Anfängen steckt. Die Bundesregierung hat seit Ende August wieder mit der Abschiebung von Straftätern in das von den Taliban regierte Afghanistan begonnen, wobei der erste Flug mit Unterstützung Katars organisiert wurde.
Kultureller Auftakt in Samarkand
Scholz' Besuch in Samarkand begann mit einem Gang über den Registan, einen der prächtigsten Plätze Asiens, und einem geplanten Besuch der Tilla-Kori-Moschee aus dem 17. Jahrhundert. Usbekistan hat sich in den letzten Jahren zunehmend dem Westen geöffnet und unter Präsident Schawkat Mirsijojew zahlreiche Reformen durchgeführt, die auch ausländische Investoren anziehen sollen. Für das laufende Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent erwartet, unterstützt durch enge Handelsbeziehungen zu China und Russland.
Zentralasien-Gipfel in Kasachstan
Am Montag wird Scholz nach Kasachstan weiterreisen, dem größten und wirtschaftlich stärksten Land Zentralasiens. Dort ist ein Gipfeltreffen mit den fünf zentralasiatischen Staaten geplant, zu denen neben Kasachstan auch Kirgistan, Turkmenistan und Tadschikistan gehören. Scholz beabsichtigt, die Beziehungen zu diesen Ländern auszubauen und die bereits im vergangenen Jahr in Berlin vereinbarte strategische Partnerschaft mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Energie, Klima und Umwelt zu vertiefen.
Die fünf zentralasiatischen Staaten haben zusammen rund 80 Millionen Einwohner, ihre Fläche ist jedoch elfmal so groß wie die Deutschlands und entspricht in etwa dem Gebiet der gesamten Europäischen Union. Trotz der traditionellen wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland hat der russische Angriff auf die Ukraine das Interesse an dieser Region neu belebt, da Russland als Energielieferant für Deutschland zunehmend an Bedeutung verliert.
Rohstoffe und Menschenrechtsfragen
Die Rohstoffvorkommen in Zentralasien sind für Deutschland von großem Interesse. Kasachstan versorgt bereits die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt mit Öl und gleicht die Reduzierung der russischen Lieferungen aus. Zudem ist die Bundesregierung an den Gasvorkommen der Region interessiert. Kasachstan verfügt über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer und Gold und wird als potenzieller Partner für die Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien betrachtet.
Dennoch stehen die autoritär geführten Staaten der Region wegen Menschenrechtsverletzungen international in der Kritik. Turkmenistan wird beispielsweise als eine abgeschottete Diktatur wahrgenommen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat Scholz vor seiner Reise aufgefordert, die Missstände in diesen Ländern offen anzusprechen. Es wird betont, dass die Bundesregierung nicht so tun kann, als seien engere Beziehungen zu Zentralasien ohne eine spürbare Verbesserung der Menschenrechtslage möglich.
Umgehung von Sanktionen ansprechen
Die zentralasiatischen Staaten befinden sich in einer komplexen geopolitischen Lage. Sie sind wirtschaftlich eng mit Russland verbunden, betonen jedoch, dass sie die westlichen Sanktionen gegen Russland unterstützen. Die Ernsthaftigkeit dieser Unterstützung ist jedoch fraglich, da die Exporte aus Kasachstan nach Russland seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs gestiegen sind. Scholz wird darauf vorbereitet sein, die Umgehung von Sanktionen während seiner Reise „angemessen anzusprechen“.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Scholz' Reise nach Zentralasien nicht nur die Migrationspolitik Deutschlands beeinflussen könnte, sondern auch die geopolitischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu einer Region, die zunehmend in den Fokus der internationalen Politik rückt.
Quellen: dpa-AFX, Handelsblatt, boerse.de