Cipollone: EZB sollte Wachstum nicht unnötig bremsen
In einem aktuellen Interview äußerte sich Piero Cipollone, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB), besorgt über die potenziellen Auswirkungen einer zu restriktiven Geldpolitik auf das Wirtschaftswachstum in Europa. Cipollone warnte in der französischen Zeitung Le Monde, dass es eine reale Gefahr gebe, dass die EZB ihre geldpolitischen Maßnahmen über das notwendige Maß hinaus verschärfen könnte. Seiner Meinung nach ist es entscheidend, dass die EZB sicherstellt, dass die Inflation in Richtung des angestrebten Ziels tendiert, ohne dabei das Wirtschaftswachstum unnötig zu bremsen.
Cipollone betonte die Dringlichkeit von Investitionen und wirtschaftlichem Wachstum in Europa. Er erklärte, dass jede Verzögerung in diesen Bereichen für die europäische Wirtschaft von großem Nachteil sei. Dies ist besonders relevant, da die EZB vor einer wichtigen Ratssitzung steht, bei der die zukünftige Geldpolitik diskutiert wird. Cipollone äußerte die Hoffnung, dass die EZB in der Lage sein werde, den Grad der geldpolitischen Restriktionen weiter zu verringern.
Ein zentrales Thema in Cipollones Aussagen war die aktuelle Situation der Löhne und Preise im Euroraum. Er wies darauf hin, dass er gegenwärtig keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale sieht. Laut Cipollone sollte die EZB keine Bedenken haben, dass die Löhne schneller als die Preise steigen, da sie in der Vergangenheit schwächer gestiegen seien. Er bezeichnete dies als einen natürlichen Aufholprozess, der letztendlich der Wirtschaft zugutekommen könne.
Ein weiterer Aspekt, den Cipollone ansprach, war die Staatsverschuldung, insbesondere in Bezug auf sein Heimatland Italien. Er wies darauf hin, dass die italienische Regierung einen erheblichen Teil ihres Budgets für den Schuldendienst aufwenden müsse, was die Investitionen in andere wichtige Bereiche wie Bildung einschränke. Cipollone betonte, dass eine hohe Staatsverschuldung die Volatilität der Märkte erhöhen und die Fähigkeit zur Anpassung erschweren könne. Er warnte davor, dass übermäßige Schulden die nationale Souveränität gefährden könnten.
Obwohl die EU-Haushaltsregeln kürzlich geändert wurden, um die Anpassungsperiode von vier auf sieben Jahre zu verlängern, betonte Cipollone die Notwendigkeit, sich der Höhe der Schulden bewusst zu sein. Diese Aussagen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die EZB unter Druck steht, die richtige Balance zwischen der Bekämpfung der Inflation und der Unterstützung des Wirtschaftswachstums zu finden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Cipollones Warnungen und Hoffnungen auf eine weniger restriktive Geldpolitik der EZB darauf abzielen, ein günstiges Umfeld für Investitionen und wirtschaftliches Wachstum in Europa zu schaffen. Die kommenden Entscheidungen der EZB könnten entscheidend dafür sein, wie sich die wirtschaftliche Lage in der Eurozone entwickeln wird.
Quellen:
- https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/cipollone-ezb-sollte-wachstum-nicht-unnoetig-bremsen-13817570
- https://www.tradegate.de/finanz-nachrichten-detail.php?id=20240904000778X
- https://de.marketscreener.com/kurs/wahrung/EURO-US-DOLLAR-EUR-USD-4591/news/EZB-droht-zu-restriktiv-zu-werden-sagt-Cipollone-47796383/
- https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/piero-cipollone-ezb-direktor-sieht-notenbank-auf-kurs-zu-zinssenkung/100028181.html