Nagel: EZB-Rat entscheidet datenabhängig - Inflation auf gutem Weg
Am 3. September 2024 äußerte sich Bundesbankpräsident Joachim Nagel zur aktuellen Inflationslage in Europa und den bevorstehenden Entscheidungen des EZB-Rats. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erklärte Nagel, dass die große Welle der Inflation, die die Eurozone in den letzten Jahren belastet hatte, überstanden sei. Er betonte jedoch, dass die Entscheidungen des EZB-Rats weiterhin datenabhängig getroffen werden müssen.
„Wir sind nicht mit dem Autopiloten unterwegs“, sagte Nagel und betonte die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen Daten vor der Sitzung des EZB-Rats am 12. September zu analysieren. Er möchte sich erst während der Sitzung entscheiden, da er dann einen vollständigen Überblick über die aktuelle Datenlage hat. Nagel sieht die Inflation auf einem guten Weg, bleibt jedoch vorsichtig in Bezug auf zukünftige Zinssenkungen.
In den letzten Monaten hat sich die Inflation in der Eurozone stabilisiert, nachdem sie in den vorhergehenden Jahren auf Rekordhöhen gestiegen war. Die EZB hat in der Vergangenheit mehrere Zinserhöhungen vorgenommen, um dem Inflationsdruck entgegenzuwirken. Nagel, der als Vertreter der „Falken“ gilt, die tendenziell für höhere Zinssätze plädieren, hat jedoch angedeutet, dass die Inflation weiterhin genau beobachtet werden muss.
„Ich sehe die Inflation auf gutem Wege“, sagte Nagel, während er gleichzeitig darauf hinwies, dass die EZB-Ratsmitglieder sich nicht vorab auf eine bestimmte Entscheidung festlegen sollten. Die Unsicherheiten in der globalen Wirtschaft und die geopolitischen Spannungen könnten die Inflationsentwicklung beeinflussen und erforderten eine flexible Reaktion der Zentralbank.
Zusätzlich äußerte Nagel Bedenken hinsichtlich möglicher operativer Verluste für die Bundesbank im laufenden Jahr. Er prognostizierte, dass die Verluste ähnlich hoch ausfallen könnten wie im Jahr 2023, was auf die bereits weitgehend verbrauchte Risikovorsorge zurückzuführen sei. Dennoch zeigte er sich optimistisch, dass die Gewinne der Bundesbank in den kommenden Jahren zurückkehren könnten. „Die Bilanz der Bundesbank ist solide“, fügte er hinzu.
Die EZB steht vor der Herausforderung, die Inflation auf ihr Ziel von mittelfristig 2 Prozent zurückzuführen. Die Inflation im Euroraum lag im August 2024 bei 2,6 Prozent, was zwar unter den Höchstständen von über 10 Prozent im Jahr 2022 liegt, jedoch weiterhin über dem angestrebten Zielwert. Nagel betonte die Wichtigkeit, die Inflationserwartungen der Marktakteure zu stabilisieren, um eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu gewährleisten.
Die bevorstehende Sitzung des EZB-Rats wird als entscheidend angesehen, da neue Inflationsprognosen und wirtschaftliche Daten präsentiert werden. Nagel und andere Ratsmitglieder werden die Informationen nutzen, um die geldpolitische Ausrichtung der EZB zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Joachim Nagel eine positive Entwicklung der Inflation sieht, jedoch die Notwendigkeit betont, datenabhängig und flexibel auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten zu reagieren. Die kommenden Wochen und die Sitzung des EZB-Rats am 12. September werden entscheidend sein, um die zukünftige Geldpolitik der Eurozone zu gestalten.
Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) - Dow Jones Newswires - Bundesbank