WDH/Ökonomen-Stimmen zu erneutem Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im August 2024 weiter verschlechtert, wie der aktuelle Ifo-Geschäftsklimaindex zeigt. Dieser fiel um 0,4 Punkte auf 86,6 Zähler, was den dritten Rückgang in Folge darstellt und den tiefsten Stand seit Februar markiert. Die rund 9.000 Unternehmen, die vom Ifo-Institut befragt wurden, bewerteten sowohl ihre aktuellen Geschäfte als auch die Aussichten für die kommenden Monate erneut schlechter.
Einblick in die Ifo-Daten
Der Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas ist ein Indikator für die allgemeine wirtschaftliche Stimmung in Deutschland. Ifo-Präsident Clemens Fuest kommentierte die Daten mit der Feststellung, dass die Unternehmen über rückläufige Auftragsbestände klagen, insbesondere im Bereich der Investitionsgüter. Dies deutet darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft zunehmend in eine Krise gerät.
Analystenmeinungen im Überblick
Die Reaktionen von Ökonomen auf die Ifo-Daten sind vielfältig und spiegeln die Unsicherheit wider, die derzeit in der deutschen Wirtschaft herrscht.
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank: Er sieht einen Hoffnungsschimmer in der Möglichkeit von Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Geringere Finanzierungskosten könnten der angeschlagenen Bauwirtschaft helfen und damit auch dem verarbeitenden Gewerbe zugutekommen. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis sich diese Zinssenkungen in einer spürbaren Belebung niederschlagen.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank: Er äußert, dass die Hoffnungen auf einen Aufschwung zwar bestehen bleiben, sich jedoch in Richtung des kommenden Jahres verschieben. Besonders wichtig sind die steigenden Einkommen der Verbraucher, die dringend benötigt werden, da die Exporte aufgrund mangelnder weltweiter Nachfrage und gestiegener internationaler Konkurrenz nicht verlässlich sind.
Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Bank: Er stellt fest, dass die deutsche Wirtschaft sich wieder auf dem Niveau des Vorjahres befindet. Es gibt wenig Anzeichen für eine baldige Besserung, was durch den schwachen Einkaufsmanagerindex für Juli und den aktuellen Ifo-Index untermauert wird.
Ralf Umlauf, Analyst der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba): Er betont, dass eine Verbesserung der konjunkturellen Dynamik weiterhin ausbleibt. Die Erwartungen für das deutsche Wachstum im dritten Quartal sollten daher nicht zu hoch gesteckt werden.
Elmar Völker, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW): Er sieht den Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas als weniger dramatisch als im Vormonat, insbesondere bei der Erwartungskomponente. Dennoch gibt es wenig Grund zur Zuversicht, da die Weltwirtschaft holprig verläuft und geopolitische Risiken bestehen.
Marc Schattenberg, Analyst der Deutschen Bank: Er weist darauf hin, dass die aktuellen Konjunkturindikatoren auf einen schwachen Start ins dritte Quartal hindeuten und eine spürbare Erholung derzeit nicht in Sicht ist.
Christoph Swonke, Analyst der DZ Bank: Er berichtet von einer pessimistischen Bewertung sowohl der aktuellen Geschäftslage als auch der Geschäftserwartungen. Deutschland fehlt es an Impulsen, die zu einem Ende der wirtschaftlichen Schwächephase führen könnten.
Ausblick
Die aktuellen Ifo-Daten und die Einschätzungen der Ökonomen zeigen, dass die deutsche Wirtschaft vor erheblichen Herausforderungen steht. Die Unsicherheiten in der Weltwirtschaft, die geopolitischen Risiken und die unklare politische Lage tragen zur Verunsicherung bei. Die Hoffnung auf eine baldige Besserung bleibt bestehen, doch die Experten sind sich einig, dass es noch einige Zeit dauern könnte, bis sich die Situation stabilisiert.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, ob die Maßnahmen der EZB und die steigenden Einkommen der Verbraucher tatsächlich zu einer Besserung der wirtschaftlichen Lage führen können. Die Unternehmen müssen sich auf eine ungewisse Zukunft einstellen, während die Verbraucher auf eine Stabilisierung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hoffen.
Insgesamt bleibt die Lage angespannt, und die Einschätzungen der Ökonomen verdeutlichen, dass sowohl kurzfristige als auch langfristige Perspektiven für die deutsche Wirtschaft kritisch betrachtet werden müssen.
Quellen: dpa-AFX, Ifo-Institut, VP Bank, DekaBank, ING Bank, Helaba, LBBW, Deutsche Bank, DZ Bank