ROUNDUP: Wirecard-Vorstände zu Schadenersatz verurteilt
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Das Landgericht München hat am Donnerstag, den 5. September 2024, drei ehemalige Vorstände der Wirecard AG zur Zahlung von insgesamt 140 Millionen Euro Schadenersatz plus Zinsen verurteilt. Der Vorsitzende Richter Helmut Krenek stellte fest, dass die Vorstände bei der Vergabe eines Kredites sowie bei der Zeichnung von Schuldverschreibungen mindestens fahrlässig gehandelt haben, was sie für den entstandenen Schaden verantwortlich macht.
Im Fokus des Urteils stehen der ehemalige Vorstandsvorsitzende Markus Braun sowie die Finanz- und Produktvorstände. Die Klage wurde vom Insolvenzverwalter Michael Jaffé eingereicht, der mit dieser Maßnahme versucht, Gelder für die Gläubiger des insolventen Unternehmens zu sichern. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, und Experten erwarten, dass Berufungen folgen werden (Az.: 5 HK O 17452/21).
Urteil gegen den ehemaligen stellvertretenden Aufsichtsratschef
Interessanterweise wurde ein Teil der Klage gegen den ehemaligen stellvertretenden Aufsichtsratschef Stefan Klestil abgewiesen. Obwohl Richter Krenek auch ihm eine Verletzung seiner Aufsichtspflichten bescheinigte, führte dies nicht zu einer Haftung. Der Richter argumentierte, dass der Vorstand in der Vergangenheit bereits wiederholt gegen Vorgaben des Aufsichtsrates verstoßen habe, sodass unklar sei, ob die Maßnahmen des Aufsichtsrates in diesen Fällen tatsächlich hilfreich gewesen wären.
Im Gegensatz dazu sah das Gericht bei den drei Vorständen eine klare Verantwortung. Der Kredit, um den es ging, war nicht besichert, und es gab vor der Zeichnung der Schuldverschreibungen keine gründliche finanzielle Prüfung. Bei Braun und dem Finanzvorstand leitete Krenek die Verantwortlichkeit direkt aus ihren Ressortzuständigkeiten ab. Im Fall der Produktvorständin argumentierte der Richter, dass sie aufgrund fragwürdiger Vorgehensweisen bei der Kreditvergabe hätte misstrauisch werden müssen.
Details zu den finanziellen Transaktionen
Das Verfahren drehte sich konkret um einen Kredit in Höhe von 100 Millionen Euro sowie um die Zeichnung von Schuldverschreibungen über weitere 100 Millionen Euro, die an ein Unternehmen namens OCAP gerichtet waren. Der festgestellte Schaden von 140 Millionen Euro ergibt sich daraus, dass ein Teil des Kredites in Höhe von 60 Millionen Euro durch die später gezeichneten Schuldverschreibungen getilgt wurde.
Haftung und Versicherungsfragen
Trotz der Verurteilung bleibt ungewiss, wie viel Geld der Insolvenzverwalter letztendlich für die Gläubiger einbringen kann. Die Manager haften zwar mit ihrem Privatvermögen, jedoch ist fraglich, ob dieses ausreicht, um die geforderte Summe zu decken. Wirecard hatte zwar eine Manager-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die theoretisch die geforderte Summe abdecken könnte. Allerdings zahlen solche Versicherungen in der Regel nicht, wenn es um Straftaten von Managern geht.
Markus Braun steht zudem mit zwei anderen Managern wegen Betrugsverdachts vor Gericht, während der ehemalige Vertriebsvorstand Jan Marsalek untergetaucht ist. Stefan Klestil hingegen wird keine Straftaten vorgeworfen.
Die Anwälte von Klestil äußerten sich nach dem Urteil zufrieden, während ein Sprecher des Insolvenzverwalters keine Stellungnahme abgab.
Die Entwicklungen rund um Wirecard und die rechtlichen Auseinandersetzungen zeigen, wie komplex und vielschichtig die Folgen der Insolvenz des Unternehmens sind. Der Fall bleibt weiterhin im Fokus der Öffentlichkeit und der rechtlichen Instanzen, während die Gläubiger auf eine Klärung ihrer Ansprüche hoffen.
Quellen: dpa-AFX, boerse.de