ROUNDUP: BGH versagt Verbraucherschützern Rückzahlungsanspruch
KARLSRUHE (dpa-AFX) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Verbraucherverbände nicht einfach zu Unrecht einbehaltene Geldbeträge für betroffene Verbraucher einklagen können. In einem aktuellen Urteil stellte der BGH fest, dass ein solcher Anspruch nicht mit der Systematik des kollektiven Rechtsschutzes nach dem geltenden Recht vereinbar ist. Der Fall betraf den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), der gegen den Veranstalter eines Festivals geklagt hatte, weil eine Gebühr von 2,50 Euro für nicht ausgegebene Beträge auf Armbändern einbehalten wurde.
Um auf dem Festivalgelände zu bezahlen, hatten die Besucher die Möglichkeit, Armbänder zu kaufen und diese mit Geld aufzuladen. Beträge, die nach dem Festival nicht ausgegeben wurden, konnten über ein Eventportal zurückerstattet werden. Die Verbraucherschützer argumentierten, dass die Einbehaltung der Gebühr rechtswidrig sei und zogen gegen den Veranstalter vor Gericht. Das Oberlandesgericht Rostock hatte zuvor entschieden, dass die Rückerstattungsgebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig war, jedoch die Verbraucherschützer keinen Anspruch auf Rückzahlung an die Kunden geltend machen konnten.
BGH bestätigt Urteil des Oberlandesgerichts
Der BGH bestätigte nun das Urteil des Oberlandesgerichts und stellte fest, dass der Verbraucherverband zwar einen Anspruch auf Unterlassung hat, jedoch nicht auf Beseitigung. Rechtsanwalt Henner Schläfke von der Berliner Kanzlei Noerr erklärte, dass es nun klar sei, dass Verbraucherverbände nicht ohne Weiteres gegen Unternehmen klagen können, um rechtsgrundlos einbehaltene Geldbeträge zurückzufordern. Stattdessen müssen sich Verbraucher der Klage anschließen oder auf andere Weise aktiv werden.
Einführung der Abhilfeklage
Der Gesetzgeber hatte im Jahr 2023 die sogenannte Abhilfeklage eingeführt, die es qualifizierten Verbraucherverbänden ermöglicht, gegen Unternehmer gerichtete Ansprüche von Verbrauchern geltend zu machen. Der erste Zivilsenat des BGH erläuterte, dass das Konzept des kollektiven Rechtsschutzes durch einen verschuldensunabhängigen Beseitigungsanspruch der Verbände unterlaufen werden könnte. Dies würde bedeuten, dass Unternehmer zur Rückzahlung von Beträgen verpflichtet werden könnten, die sie zu Lasten einer Vielzahl von Verbrauchern einbehalten haben.
Stärkung der Rechte der Verbraucher
Jutta Gurkmann, Leiterin des Bereichs Verbraucherpolitik beim vzbv, betonte, dass die neue Form der Sammelklage den Verbraucherverbänden ein starkes juristisches Instrument in die Hand gebe. Mit Sammelklagen können Verbraucherschützer im Schadensfall direkt Schadenersatz oder Rückerstattungen für viele Verbraucher gleichzeitig erwirken. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung durch den vzbv war dieses Instrument jedoch noch nicht verfügbar.
Fazit und Ausblick
Das Urteil des BGH hat weitreichende Implikationen für die Rechte der Verbraucher und die Möglichkeiten der Verbraucherverbände, gegen Unternehmen vorzugehen. Während die Einführung der Abhilfeklage einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, zeigt das aktuelle Urteil, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für kollektive Klagen weiterhin komplex sind. Verbraucher müssen sich daher aktiv an Klagen beteiligen, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Die Entscheidung des BGH könnte auch Auswirkungen auf zukünftige Klagen von Verbraucherverbänden haben, insbesondere in Fällen, in denen es um die Rückforderung von zu Unrecht einbehaltenen Beträgen geht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die rechtliche Landschaft in Deutschland weiterentwickeln wird und welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden, um die Rechte der Verbraucher zu stärken.
Quellen: dpa-AFX, BörsenNEWS.de