Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zeigt sich zuversichtlich, dass die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) zu Beginn des kommenden Jahres positive Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung in Deutschland haben wird. Wie die dpa berichtet, erklärte der SPD-Politiker in Berlin anlässlich des Starts einer Informationskampagne, dass die ePA zu einer besseren und unbürokratischeren Versorgung beitragen werde. Der Hausärzteverband betonte jedoch die Notwendigkeit der technischen Stabilität der E-Akte und forderte eine zügige Kompatibilität der Praxissoftware mit der ePA.
Gemäß einem Gesetz der Ampel-Koalition werden Anfang 2025 alle Versicherten automatisch eine ePA von ihrer Krankenkasse erhalten, sofern sie dieser nicht widersprechen. Die ePA soll als digitaler Speicher für medizinische Informationen wie Medikamentenangaben, Befunde und Laborwerte dienen und die Patienten ein Leben lang begleiten. Ziel ist es, Behandlungsfehler, unnötige Mehrfachuntersuchungen und Wechselwirkungen von Medikamenten zu vermeiden.
Der Startschuss für die ePA fällt am 15. Januar 2025 zunächst in zwei Modellregionen in Franken und Hamburg. Voraussichtlich vier Wochen später soll sie dann bundesweit für Patienten, Arztpraxen, Kliniken und Apotheken zugänglich sein. Bereits 2021 wurden E-Akten als optionales Angebot eingeführt, für das sich die Versicherten selbst anmelden mussten. Bisher wurden diese jedoch kaum genutzt.
Lauterbach betonte: "Wir wollen auf keinen Fall eine Umsetzung, die in der Praxis mehr Ärger macht, als dass sie hilft." Aus diesem Grund wurde die E-Akte technisch neu konzipiert. Florian Fuhrmann, Geschäftsführer der mehrheitlich bundeseigenen Digitalgesellschaft Gematik, erklärte, dass die neue Architektur die Stabilität erhöhen und leistungsfähigere Anwendungen ermöglichen soll.
Markus Beier, Vorsitzender des Hausärzteverbands, äußerte die Erwartung, dass sich Probleme, wie sie beispielsweise beim Start des elektronischen Rezepts aufgetreten sind, nicht wiederholen werden. Die Praxen seien bereit, Patientenfragen zur neuen E-Akte zu beantworten. Angesichts des Starts in der Erkältungssaison könnten sie diese Aufgabe jedoch nicht alleine bewältigen.
Wie Doris Pfeiffer, Chefin des Spitzenverbands der Krankenkassen, mitteilte, haben bereits 68 von 95 Krankenkassen mit der Versendung von vorgeschriebenen Informationen an alle 75 Millionen gesetzlich Versicherten begonnen. Die restlichen Kassen sollen im Oktober mit der Information der Versicherten per Brief, E-Mail oder über die jeweilige Kassen-App folgen. Pfeiffer unterstrich: "Die ePA ist und bleibt freiwillig." Der Einrichtung könne sowohl im Vorfeld als auch zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit widersprochen werden. Bisher hätten weniger als drei Prozent der Angeschriebenen der Einrichtung widersprochen, was laut Pfeiffer ein "sehr gutes Zwischenergebnis" sei.
Das Bundesgesundheitsministerium startet nun eine Informationskampagne im Internet, mit Plakaten und Spots in Radio und Fernsehen, wie Lauterbach ankündigte. Darüber hinaus soll im Oktober ein Infobus durch mehrere deutsche Städte touren.
Behandelnde Ärzte erhalten jeweils für 90 Tage ein Zugriffsrecht auf die ePA, um Befunde und Laborwerte zu lesen und einzupflegen. Dieses Zugriffsrecht wird durch das Einstecken der Versichertenkarte in der Praxis oder Klinik aktiviert. Patienten haben die Möglichkeit, über die App einzustellen, welche Informationen für Ärzte sichtbar sind.
Kritik an der ePA kam von Seiten der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Die Stiftung bemängelte, dass die ePA zunächst lediglich eine digital einsehbare Papiersammlung sei. "Ärztinnen und Ärzte müssen jedes einzelne Dokument lesen, um die medizinisch notwendigen Informationen herauszufiltern", kritisierte Vorstand Eugen Brysch. Derzeit verfüge die ePA nicht über eine Künstliche Intelligenz, die Daten aufbereite und verknüpfe. Für chronisch Kranke, ältere Menschen und Pflegebedürftige wäre es zudem wichtig, dass alle alten Befunde automatisch in der ePA vorhanden seien.
Der Sozialverband VdK warnte davor, dass der Anmeldeprozess für viele Menschen zu kompliziert sei. Lauterbach verwies auf die geplante Möglichkeit, die ePA auch in Apotheken mithilfe eines Smartphones und der elektronischen Gesundheitskarte freischalten zu lassen. Dies soll insbesondere älteren Menschen den Zugang zur ePA erleichtern.
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