EZB-Direktorin Schnabel mahnt zur Vorsicht angesichts potenziellen Handelskonflikts
Die Europäische Zentralbank (EZB) beobachtet die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und der Eurozone mit Besorgnis. In einem Interview mit Finanztip äußerte EZB-Direktorin Isabel Schnabel ihre Bedenken hinsichtlich eines möglichen Handelskonflikts, der durch die Handelspolitik des damaligen designierten US-Präsidenten Donald Trump ausgelöst werden könnte. Wie finanzen.net berichtet, sieht Schnabel Zölle als zentrales Element in Trumps Strategie und hält einen Handelskonflikt deshalb für "sehr wahrscheinlich".
Im Finanztip-Interview warnte Schnabel vor den negativen Auswirkungen, die höhere US-Zölle auf europäische Waren für die Preisentwicklung im Euroraum haben könnten. Insbesondere im Falle von europäischen Gegenzöllen sei mit Preissteigerungen zu rechnen. Die Unsicherheit über die konkrete Ausgestaltung der US-Handelspolitik unter Trump sei aktuell groß und belaste die Konjunktur, so Schnabel laut dpa-AFX. Diese Unsicherheit bremse Investitionen und den privaten Konsum.
Trotz der bestehenden Unsicherheiten ist die EZB laut dpa-AFX zuversichtlich, ihr Inflationsziel von mittelfristig zwei Prozent im laufenden Jahr zu erreichen. Im Dezember 2024 erreichte die Inflation in der Eurozone 2,4 Prozent – den höchsten Wert seit Juli desselben Jahres. Wie BörsenNEWS.de berichtet, hatte die EZB die Leitzinsen zuletzt im Dezember um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Die nächste Zinsentscheidung wurde Ende Januar erwartet.
Im Interview mit Finanztip zeigte sich Schnabel auch selbstkritisch im Hinblick auf die Inflationsentwicklung der vergangenen Jahre. Die extrem hohe Inflation sei für viele Menschen belastend gewesen, und die EZB habe relativ lange gebraucht, um zu reagieren. Sie räumte ein, dass die Leitzinsen früher hätten angehoben werden können. Gleichzeitig betonte sie, dass sich die Inflationserwartungen schnell normalisiert hätten, was auf das Vertrauen der Bevölkerung in die EZB schließen lasse.
Neben den handelspolitischen Herausforderungen sieht Schnabel laut Finanztip auch große Aufgaben für die damalige neue Bundesregierung. Deutschland befinde sich in einer Strukturkrise, die nicht von selbst verschwinden werde. Die Bewältigung dieser Krise sei die wichtigste Aufgabe der Regierung. Dazu gehörten unter anderem die Stärkung der Innovationskraft, Investitionen in Bildung und Forschung sowie der Bürokratieabbau. Auch die Vertiefung der Finanzmärkte und die Stärkung des europäischen Binnenmarktes seien wichtige Punkte.
Ein weiteres wichtiges Thema sei die demografische Entwicklung und der damit einhergehende Fachkräftemangel. Schnabel unterstrich die Notwendigkeit von Zuwanderung, um diese Lücke zu schließen. Gleichzeitig müsse die Erwerbsbeteiligung erhöht und verstärkt in Bildung investiert werden. Hinzu kämen die dringend notwendigen Verteidigungsausgaben. Die Bundesregierung müsse Wege finden, diese Zukunftsinvestitionen zu tätigen, ohne die Schuldentragfähigkeit zu gefährden.
Trotz der Herausforderungen blickt Schnabel optimistisch in die Zukunft. Sie sieht aktuell keine größeren Risiken für das Erreichen des Inflationsziels. Wenn zusätzlich die notwendigen Strukturreformen angegangen würden, bestehe kein Grund für Pessimismus.
Quellen:
- finanzen.net: WDH: EZB-Direktorin Schnabel rechnet mit Handelskonflikt und warnt vor Folgen
- dpa-AFX
- Finanztip
- BörsenNEWS.de