ROUNDUP: Mut zur Lücke? Bundestag beginnt Beratung zum Haushalt 2025
In Berlin wird heute um 12 Uhr Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Bundestag seinen Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 vorstellen. Diese Präsentation wird als entscheidend für die Ampel-Koalition betrachtet, die aus SPD, Grünen und FDP besteht. Der Haushalt, der mit einem Volumen von fast 490 Milliarden Euro geplant ist, steht im Mittelpunkt intensiver Diskussionen und könnte möglicherweise die Stabilität der Koalition gefährden.
Die Eckdaten des Haushalts
Der Entwurf sieht vor, dass mehr als 51,3 Milliarden Euro über Kredite finanziert werden, was trotz der bestehenden Schuldenbremse gemäß Grundgesetz möglich ist, da die wirtschaftliche Lage angespannt ist. Die Investitionen sind mit 81 Milliarden Euro auf einem Rekordniveau, wobei der Sozialetat mit 179 Milliarden Euro den größten Posten ausmacht. Ein erheblicher Teil dieser Ausgaben ist bereits durch gesetzlich garantierte Leistungen, wie das Bürgergeld, gebunden.
Inhalte und Schwerpunkte
Die Ampel-Koalition verfolgt mit ihrem Haushalt mehrere Ziele: die Ankurbelung der Wirtschaft, die Sicherstellung von Sozialleistungen, die Entlastung der Steuerzahler und die Berücksichtigung der internationalen Sicherheitslage. Besonders umstritten ist das Budget für das Verteidigungsministerium, das unter Boris Pistorius (SPD) steht. Obwohl eine Erhöhung um 1,3 Milliarden Euro vorgesehen ist, bleibt dies hinter den ursprünglichen Forderungen des Ministers zurück.
Für Familien sieht der Haushalt eine Erhöhung des Kindergeldes um fünf Euro ab Januar vor. Auch der Kindersofortzuschlag für einkommensschwache Familien soll steigen. Zudem sind steuerliche Freibeträge und verbesserte Abschreibungsmodalitäten für Unternehmen geplant. Für ausländische Fachkräfte sollen steuerliche Anreize geschaffen werden, um die Fachkräftesituation zu verbessern.
Die Herausforderungen der Ampel-Koalition
Trotz dieser Maßnahmen wird der Haushalt als unfertig angesehen. Die Koalitionsspitzen haben Schwierigkeiten, sich auf Lösungen zur Schließung bestehender Finanzierungslücken zu einigen. Dies hat dazu geführt, dass pauschale Einsparungen und Mehreinnahmen eingeplant werden, deren Herkunft unklar bleibt. Die Einhaltung der Schuldenbremse wird unter anderem durch die Umwandlung geplanter Zuschüsse an die Bahn in Eigenkapitalspritzen ermöglicht, die nicht in die Berechnung einfließen.
Risiken und Unsicherheiten
Ein zentrales Element des Haushalts ist eine globale Minderausgabe von 12 Milliarden Euro. Diese Summe basiert auf der Annahme, dass die Ministerien am Jahresende insgesamt 12 Milliarden Euro ihres Budgets nicht ausgeben werden. Verfassungsrechtler haben jedoch Bedenken geäußert, dass diese Schätzung deutlich über den Erfahrungswerten der Vergangenheit liegt. Die Bundesregierung hofft, die Lücke bis zum Winter durch steigende Steuereinnahmen und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zu reduzieren, was jedoch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist.
Opposition und Kritik
Die Opposition äußert erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Haushaltsentwurfs. Christian Haase, der haushaltspolitische Sprecher der Union, kritisierte, dass der Haushaltsausgleich manipuliert werde, um die eigene Regierungsperiode zu überstehen. Auch die AfD hat den Entwurf als unseriös bezeichnet, da die Ausgaben systematisch unter- und die Einnahmen überveranschlagt seien. Der Bund der Steuerzahler hat von "haushaltsrechtlichen Kunstgriffen" gesprochen, die nicht ausreichend untermauert sind.
Unzufriedenheit innerhalb der Koalition
Innerhalb der Ampel-Koalition gibt es ebenfalls Unzufriedenheit mit dem Haushaltsentwurf. Sven-Christian Kindler, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, betonte, dass kein Gesetz ohne Änderungen durch den Bundestag gehen werde. Die Grünen fordern mehr Investitionen und eine Lockerung der Schuldenbremse, während die SPD ähnliche Erwartungen hat, um die Finanzierungslücke zu schließen. FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer sieht den Handlungsbedarf als überschaubar an, während Ökonomen die Situation als nicht dramatisch einschätzen.
Internationaler Kontext und Ukraine-Hilfe
Ein weiterer strittiger Punkt ist die geplante Ukraine-Hilfe, für die zunächst vier Milliarden Euro eingeplant sind. Im vergangenen Jahr wurde dieser Betrag nachträglich aufgestockt, und es bleibt abzuwarten, ob dies auch in diesem Jahr der Fall sein wird. Die Bundesregierung hofft auf ein neues internationales Finanzierungskonzept für die Ukraine, das eine Kreditaufnahme von 50 Milliarden Dollar vorsieht, deren Zinsen und Tilgung aus eingefrorenen russischen Staatsvermögen gedeckt werden sollen.
Ausblick auf die kommenden Wochen
Nach der ersten Haushaltswoche werden die haushaltspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen den Etat im Detail prüfen und mögliche Änderungen vorschlagen. Diese werden in der für November geplanten Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss diskutiert. Der geänderte Haushaltsentwurf wird anschließend in einer zweiten Haushaltswoche im Parlament behandelt, bevor eine endgültige Beschlussfassung erfolgt, die für Ende November anvisiert ist.
Die Beratungen über den Haushalt 2025 werden zeigen, ob die Ampel-Koalition in der Lage ist, die unterschiedlichen Interessen ihrer Mitglieder in Einklang zu bringen und einen tragfähigen Haushaltsentwurf zu präsentieren, der sowohl den Anforderungen der Bürger als auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht wird.