Krankenhäuser fordern von Lauterbach Inflationsausgleich
Die deutsche Krankenhauslandschaft steht vor einer ernsten finanziellen Krise, die durch die steigende Inflation und die damit verbundenen Lohnerhöhungen verschärft wird. Vor dem am Montag in Berlin beginnenden Krankenhaus-Gipfel hat der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aufgefordert, die Vergütungen der Krankenkassen an die sprunghaft gestiegenen Kosten anzupassen. Gaß warnte, dass die finanzielle Lage der deutschen Kliniken so ernst sei wie nie zuvor und dass viele Einrichtungen in ihrer Existenz bedroht sind.
Die Krankenhäuser sehen sich mit einem Rekorddefizit konfrontiert, das in diesem Jahr auf insgesamt sechs Milliarden Euro geschätzt wird. Gaß erklärte, dass jede zweite Klinik gezwungen sei, ihre Sparmaßnahmen zu verschärfen, was möglicherweise auch versorgungsrelevante Bereiche betreffen könnte. „Ohne einen Ausgleich für diese Inflationsfolgen sind immer mehr Häuser in ihrer Existenz bedroht“, sagte Gaß in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen.
Die Warnungen der Krankenhausgesellschaft sind nicht unbegründet. Immer mehr Kliniken berichten von finanziellen Engpässen, die dazu führen könnten, dass sie ihre Leistungen einschränken müssen. Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI bewerten zwei Drittel der Allgemeinkrankenhäuser ihre wirtschaftliche Lage als schlecht oder sehr schlecht. 42 Prozent der Kliniken geben an, dass sie in den nächsten sechs Monaten ihr Leistungsangebot reduzieren müssen, während 23 Prozent von Einschränkungen bei planbaren Operationen berichten.
Die Ursache für diese besorgniserregende Entwicklung liegt in der unzureichenden Finanzierung der Krankenhäuser. Trotz der hohen Ausgaben im deutschen Gesundheitssystem, die jährlich über 100 Milliarden Euro betragen, können viele Kliniken ihre Kosten nicht decken. Die Preisanpassungen, die von der Politik festgelegt werden, sind nicht ausreichend, um die gestiegenen Betriebskosten zu decken. Dies führt dazu, dass viele Krankenhäuser sich überschulden und auf Insolvenzen zusteuern.
Gerald Gaß warnte, dass die Politik dringend handeln müsse, um ein „Kliniksterben“ zu verhindern. Er betonte, dass ohne eine angemessene Vergütung der Kliniken die Patientenversorgung gefährdet sei. „Wenn die Politik nicht endlich etwas gegen den kalten Strukturwandel in der Krankenhauslandschaft unternimmt, droht auch in Deutschland eine Wartelistenmedizin wie in anderen Ländern“, erklärte Gaß. Dies könnte bedeuten, dass Patienten, unabhängig von ihrer Versicherung, längere Wartezeiten für notwendige Behandlungen in Kauf nehmen müssten.
Die DKG fordert daher einen Inflationsausgleich als Mindestunterstützung, um die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen. Gaß wies darauf hin, dass die Kliniken seit 2022 im Durchschnitt jedes Jahr drei Prozent Verlust machen. „Bei solchen Zahlen wäre keine Wirtschaftsbranche lange überlebensfähig“, so Gaß.
Die Diskussion um die Krankenhausfinanzierung wird durch die geplante Krankenhausreform der Bundesregierung weiter angeheizt. Lauterbach hatte angekündigt, dass die Reform langfristig zu einer besseren finanziellen Absicherung der Kliniken führen soll. Gaß hingegen bezeichnete die Reform als unzureichend und warnte, dass sie nicht die versprochene „Entökonomisierung“ bringe. Stattdessen forderte er die Länder auf, die Reform im Bundesrat zu blockieren und grundlegende Verbesserungen einzufordern.
Die Situation ist besonders besorgniserregend für kirchliche und gemeinnützige Kliniken, die unter der aktuellen Politik der Bundesregierung leiden. Gaß kritisierte, dass diese Einrichtungen im Gegensatz zu öffentlichen Kliniken keine Hilfen von Kommunen oder ausreichende Kredite von Banken erhalten. „Wenn es so weitergeht, werden mehrere hundert Jahre alte katholische und evangelische Hospitäler sang- und klanglos verschwinden“, warnte er.
In Bayern mussten bereits mehrere kirchliche Kliniken Insolvenzverfahren beantragen. Ein Beispiel ist das Schweinfurter Krankenhaus St. Josef, das aufgrund von Millionenverlusten zum Jahresende schließen musste. Die Ordensoberin Monika Edinger äußerte sich enttäuscht über die Gesundheitspolitik und betonte, dass die Kliniken sich im Stich gelassen fühlen.
Die Forderungen der Krankenhäuser nach einem Inflationsausgleich und einer besseren finanziellen Unterstützung sind also dringlicher denn je. Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, ob die Politik auf die Warnungen der Kliniken reagiert und entsprechende Maßnahmen ergreift, um die Patientenversorgung in Deutschland zu sichern.
Quellen: Finanzen.net, Augsburger Allgemeine, Süddeutsche Zeitung, Ärzteblatt, RND.