Steigende Kosten im US-Haftpflichtgeschäft und ihre Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft

September 7, 2024
07.09.2024
3 Minuten
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Swiss Re: Kosten im US-Haftpflichtgeschäft gestiegen

Die Swiss Re Ltd hat in einer aktuellen Analyse des Swiss Re Institute festgestellt, dass die Kosten im US-Haftpflichtgeschäft in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind. Laut den Daten des Instituts sind die Haftpflichtschäden in den USA in den letzten zehn Jahren um 57% angestiegen. Dieser Anstieg wird vor allem durch die sogenannte soziale Inflation verursacht, die stärker als die wirtschaftliche Inflation zu den steigenden Kosten beiträgt.

Soziale Inflation beschreibt den Anstieg der versicherten Haftpflichtschäden, der nicht allein durch wirtschaftliche Faktoren wie Löhne oder die allgemeine Preisentwicklung erklärt werden kann. Die soziale Inflation hat im Jahr 2023 erstmals seit zwei Jahrzehnten einen Wert von 7% erreicht. Dies zeigt, dass die Kosten für Haftpflichtansprüche in den USA nicht nur steigen, sondern auch eine ernsthafte Herausforderung für Versicherer darstellen.

Ein wesentlicher Faktor für diesen Anstieg sind die hohen Schadenersatzurteile, die in den letzten Jahren in den USA verhängt wurden. Im Jahr 2023 erhielten Kläger in 27 Fällen Entschädigungen von jeweils über 100 Millionen USD. Diese Entwicklung hat zu einer erhöhten Unsicherheit für Unternehmen geführt, die Haftpflichtversicherungen abschließen müssen. Die steigenden Prozesskosten sind mittlerweile der Hauptfaktor für die Entwicklung der Haftpflichtschäden.

Jérôme Jean Haegeli, der Global Chief Economist von Swiss Re, betont, dass es keine Anzeichen für einen Rückgang der sozialen Inflation gibt. Die Kosten für die Rechtsverteidigung steigen kontinuierlich, was sich direkt auf die Prämien der Haftpflichtversicherungen auswirkt. Diese steigenden Kosten werden letztendlich von den Verbrauchern getragen, was die Situation zusätzlich belastet.

Die gestiegenen Kosten in der Haftpflichtversicherung sind nicht nur ein Problem für die Versicherer, sondern auch für die Unternehmen, die sich gegen diese Risiken absichern müssen. In den letzten fünf Jahren sind die Schäden in der US-Industriehaftpflichtversicherung im Durchschnitt um 11% jährlich gestiegen, was im Jahr 2023 zu einem Gesamtbetrag von 143 Milliarden USD führte. Zum Vergleich: Die weltweiten versicherten Schäden durch Naturkatastrophen beliefen sich im gleichen Jahr auf insgesamt 108 Milliarden USD.

Die Auswirkungen dieser Entwicklungen könnten in den kommenden Jahren den positiven Effekt höherer Zinsen auf die Versicherungswirtschaft zunichte machen. Gianfranco Lot, Chief Underwriting Officer P&C Re von Swiss Re, weist darauf hin, dass die aggressiven Prozesspraktiken in den USA besonders problematisch für die Haftpflichtversicherung sind. In den letzten fünf Jahren haben die US-Haftpflichtsparten, die Personenschäden versichern, versicherungstechnische Verluste von insgesamt 43 Milliarden USD verzeichnet.

Obwohl die soziale Inflation hauptsächlich ein Phänomen der USA ist, gibt es Anzeichen dafür, dass ähnliche Trends auch in anderen Ländern mit Common-Law-Systemen wie Großbritannien, Australien und Kanada zu beobachten sind. In Großbritannien trugen die sozialen Inflationsfaktoren 2023 mehr als 10% zu den Haftpflichtschäden bei. Dieser Anstieg wird teilweise auf die Auswirkungen von US-Gerichtsentscheidungen zurückgeführt, die auch in anderen Rechtssystemen geltend gemacht werden.

Die Swiss Re Institute hat einen neuen Social Inflation Index entwickelt, um die sozialen Inflationsfaktoren genauer zu messen. Dieser Index berücksichtigt das reale BIP-Wachstum als Indikator für das Wachstum der Exponierungen und subtrahiert versicherungsmathematische Annahmen für die Schadenhäufigkeit vom Wachstum der Schäden. Das Ergebnis ist ein Indikator für die Schwere der Schäden und ermöglicht eine präzisere Einschätzung der Kostenentwicklung im Haftpflichtbereich.

Um den Herausforderungen der sozialen Inflation zu begegnen, könnte eine Reform des Deliktsrechts in den USA notwendig sein. Eine solche Reform könnte darauf abzielen, den Umfang der immateriellen Schäden zu begrenzen und mehr Transparenz im Prozessrecht zu schaffen. Versicherer müssen zudem in die Bewertung und Modellierung von Risiken investieren und neue Technologien sowie verbesserte Datenanalysen nutzen, um sich auf die zukünftigen Herausforderungen im Schadensumfeld vorzubereiten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die steigenden Kosten im US-Haftpflichtgeschäft erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft und die Verbraucher haben. Die Entwicklung der sozialen Inflation wird weiterhin genau beobachtet, da sie sowohl für Unternehmen als auch für Versicherer eine bedeutende Herausforderung darstellt.

Quellen: - Swiss Re Institute - Der Standard - dpa

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