ROUNDUP 4/Streit über Migration: Scholz und Merz in der Sackgasse
BERLIN - Nach dem Scheitern der Gespräche über Migration zwischen der Bundesregierung und der Union haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im Bundestag gegenseitig die Schuld zugewiesen. In einer hitzigen Generaldebatte warf Scholz Merz vor, von vornherein keine Einigung angestrebt zu haben und einem „Drehbuch“ des Scheiterns gefolgt zu sein. Merz wies diese Vorwürfe entschieden zurück und bezeichnete sie als „infam“.
Der Kanzler bot Merz zwar eine Fortsetzung der Gespräche an, stellte jedoch klar, dass die Tür für weitere Verhandlungen offen sei. Merz hingegen erklärte, dass er die Diskussion über die Migrationspolitik nun in den Bundestag verlagern wolle. Er argumentierte, dass die Regierung die erforderlichen Maßnahmen mit ihrer eigenen Mehrheit beschließen könne, da keine Änderung des Grundgesetzes nötig sei. Er betonte, dass die Ampel-Koalition im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt, um ihre Vorhaben durchzusetzen, was die Zustimmung von Teilen der Opposition erfordere.
Merz hatte die Gespräche zwischen der Ampelregierung, den Ländern und der Union nach der zweiten Runde für gescheitert erklärt. Er kritisierte, dass die Koalition nicht bereit sei, umfassende Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Staatsgrenzen durchzuführen. „Damit ist der Versuch gescheitert, einen gemeinsamen Weg zu gehen“, sagte Merz.
Scholz konterte diese Kritik und warf Merz vor, sich in der Diskussion zu verlieren. „Sie sind der Typ von Politiker, der glaubt, mit einem Interview in der 'Bild am Sonntag' hätte er die Migrationsfrage gelöst“, sagte er. Scholz betonte, dass die Ampel-Koalition die „größte Wende im Umgang mit irregulärer Migration“ vollbracht habe. Er verwies auf die Beschleunigung von Abschiebungen und das Sicherheitspaket der Bundesregierung, das in der kommenden Woche im Bundestag beraten werden soll.
Während Scholz in der Debatte mit geballter Faust und erhobener Stimme sprach, gab sich Merz staatsmännisch und vermied scharfe Angriffe. Er wies die Vorwürfe der Union, ausländerfeindlich zu agieren, entschieden zurück und betonte, dass Deutschland ein offenes und ausländerfreundliches Land bleiben müsse.
Die Debatte wurde auch von anderen Oppositionsführern genutzt, um die Regierung zu kritisieren. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bezeichnete die Ampel-Koalition als „Koalition des Abstiegs“ und warf ihr vor, keine Lösungen für die Herausforderungen in Deutschland anzubieten. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel bezeichnete Scholz als „Kanzler des Niedergangs“ und forderte, illegale Migranten nicht ins Land zu lassen und die Grenzen zu schließen.
Inmitten dieser hitzigen Diskussionen forderte FDP-Chef Christian Lindner einen neuen Anlauf auf höchster Ebene. Er schlug vor, dass Scholz und Merz zusammen mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) persönlich verhandeln sollten. Lindner äußerte, dass die Absage der Union an den Asylgipfel nicht das letzte Wort sein dürfe.
Die Diskussion über Migration fand im Kontext des Haushaltsplans für 2025 statt, der ebenfalls im Bundestag behandelt wurde. Scholz wiederholte seinen Aufruf zu einer Friedenskonferenz zur Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, während Merz diesen Vorschlag als unrealistisch zurückwies.
Die Auseinandersetzungen zwischen Scholz und Merz verdeutlichen die tiefen Gräben in der deutschen Politik, insbesondere in Bezug auf die Migrationspolitik, die weiterhin ein zentrales Thema im Bundestag bleibt. Die Unfähigkeit, einen gemeinsamen Konsens zu finden, könnte weitreichende Auswirkungen auf die zukünftige politische Landschaft in Deutschland haben.
Quellen: dpa-AFX, boerse.de