IAEA-Chef: Lage am Atomkraftwerk Saporischschja 'sehr fragil'
KIEW - Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Grossi, hat die Situation am Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine als "sehr fragil" bezeichnet. Diese Einschätzung äußerte er während eines Besuchs in Kiew, bevor er sich auf den Weg zu dem umstrittenen Kraftwerk machte. Grossi warnte, dass es jederzeit zu Veränderungen der Lage kommen könne, insbesondere durch mögliche Drohnenangriffe.
Ein zentrales Thema seines Besuchs wird die durch wiederholte Angriffe beschädigte Stromversorgung sein, die für die Kühlung der Reaktoren unerlässlich ist. Die Kühlung ist eine kritische Komponente für die Sicherheit des Kraftwerks, und die wiederholten Beschüsse haben die Stabilität der Stromversorgung gefährdet. Laut Grossi haben russische Angriffe auf ukrainische Umspannwerke zu Spannungsschwankungen im Stromnetz geführt, was ein allgemeines Sicherheitsrisiko für alle Kernkraftwerke in der Ukraine darstellt.
Das Atomkraftwerk Saporischschja, das mit einer Gesamtleistung von 6000 Megawatt das größte in Europa ist, steht seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im März 2022 unter Kontrolle Moskaus. Trotz mehrerer Versuche der Ukraine, das Kraftwerk zurückzuerobern, bleibt es in russischer Hand. Um die radioaktiven Risiken zu minimieren, wurden alle sechs Reaktorblöcke heruntergefahren. Seit September 2022 sind IAEA-Beobachter vor Ort, um die Sicherheit der Anlage zu überwachen.
In Kiew führte Grossi Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, wobei auch die Situation des russischen Atomkraftwerks Kursk zur Sprache kam. Selenskyj stimmte der Auffassung zu, dass Atomkraftwerke in keinem Fall angegriffen werden dürfen, was die Dringlichkeit der Sicherheitslage unterstreicht. Militärbeobachter berichteten, dass ukrainische Truppen während ihrer Offensive in das russische Grenzgebiet Kursk bis auf 30 Kilometer an das gleichnamige Atomkraftwerk herangerückt sind.
Die IAEA hat angekündigt, dass ihre Fachleute die Umspannwerke in der Region genauer unter die Lupe nehmen werden, um die Auswirkungen der Angriffe auf die Energieinfrastruktur zu bewerten. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um die Sicherheit der Kernkraftwerke in der Ukraine zu gewährleisten und potenzielle Gefahren für die Bevölkerung zu minimieren.
Die Lage am Atomkraftwerk Saporischschja bleibt angespannt, und die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen mit großer Sorge. Die IAEA hat wiederholt betont, dass die nukleare Sicherheit in Konfliktgebieten von höchster Priorität ist und dass alle notwendigen Schritte unternommen werden müssen, um eine nukleare Katastrophe zu verhindern.
Die Situation ist nicht nur ein regionales, sondern auch ein globales Anliegen, da die Folgen eines Unfalls in einem Atomkraftwerk weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen haben könnten. Die IAEA wird weiterhin eng mit den beteiligten Parteien zusammenarbeiten, um die Sicherheit der Kernkraftwerke in der Ukraine zu gewährleisten und die Risiken zu minimieren.
In den kommenden Tagen wird Grossi das Atomkraftwerk Saporischschja besuchen, um sich ein eigenes Bild von der Lage vor Ort zu machen. Sein Besuch wird als ein wichtiger Schritt angesehen, um die internationale Aufmerksamkeit auf die Sicherheitslage in der Region zu lenken und die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Gewährleistung der nuklearen Sicherheit zu betonen.
Die Entwicklungen rund um das Atomkraftwerk Saporischschja sind ein weiterer Beweis für die fragilen Bedingungen, unter denen die Ukraine derzeit operiert, und die Herausforderungen, die mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit in einem Kriegsszenario verbunden sind.
Die IAEA wird weiterhin über die Situation berichten und alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Sicherheit der Kernkraftwerke in der Ukraine zu gewährleisten.
Quellen: dpa-AFX, Handelsblatt, blue News, BörsenNEWS.de